Studentenclub Reaktor
Irgendwan in den 70igern kam die FDJ aud die Idee mehr für die Studentenunterhaltung tun zu müssen, damit sie nicht auf anderer weitige dumme Gedanken kommen.
So wurde in fast jedem Wohnheim in der TH Merseburg ein Studenteclub eingerichtet und einer bestimmten Sektion zugeordnet:
Wohnheim 1 - Wärmetauscher (Wärmi) - Physik
Wohnheim 2 - Alchimistenfalle (Falle) - Chemie
Wohnheim 5 - Wecker - Spezialklassen und andere
Wohnheim 9 - La Paix - ausländische Studierende
Wohnheim 10 - Wirtschaft - Wirtschaftwissenschaften
Wohnheim 11 - Trichter - Verfahrenstechnik
Wohnheim 12 - Höhe - Verfahrenstechnik und andere
alte Mensa - Reaktor - zentraler Club
Innenstadt - Ölgrube - zentraler Club
Bewirtschaftet wurden die Clubs in Eigenverantwortung der jeweiligen Clubmanschaften (trotz offizieller Trägerschaft der FDJ) und die Preise für Eintritt und Getränke waren sehr moderat und hielten sich in der Nähe der Einkaufspreise, dienten sie doch nur der Kostendeckung.
An jedem Wochentag gab es in einem andere Wohnheimclub eine Disco. Zusätzlich hatten viele oft noch einfach so auf (Bierabende), wo man sich gemütlich hinsetzen konnte, ein Bier trinken, Doppelkopf spielen oder einfach nur quatschen. HAtte jemand von der Klubmanschaft muße wurden ein paar Würstchen gegrillt oder ein paar Brote geschmiert.
Regelmäßig luden sich die Clubs auch Musiker ein und es gab Livekonzerte.
Al dies passierte mehr oder weniger ehrenamlich, denn die Clubmitglieder bekamen auch für Bardienste o.ä. höchstens eine kleine Aufwandsentschädigung. Dafür hatte man das Gefühl dazu zu gehören und genoss dann solche Dinge wie gemeinsame Klubfahrten.
Nachdem ich eigendlich meist nur (mithelfender) Gast war, wechselte ich ca. 1989 von der Ordnungsgrupppe und wurde MItglied im Studentenclub Reaktor. Hier wurde ich auch fast gleich stellvertretender Clubchef, was ich auch bis zu meiner Exmatrikulation 3 Jahre blieb.
Die Zeit der Wende war eine sehr aufregende aber auch sehr schwere, da die weitere Existenz der Studentenclubs nach dem Wegfall der offiziellen Träger (FDJ) nicht gesichert war. Dafür hatte man mehr Möglichkeiten der Gestaltung und der Verbesserung des (Musik)equipments. Viele Umbauten und Neuerungen fielen in diese Zeit, wobei die eigenen Spuren nach 20 JAhren doch so gut wie gelöscht sind.
Problematisch war der Rückgang der Studentenzahlen. Während man früher um 18:00 Uhr öffnete und viele Studenten abweisen mußte, da der Club überfüllt war mussten wir nun unseren Hauptraum verkleinern, die Öffnungszeiten nach hinten verlegen und auch Nichtstudenten hereinlassen. So notwendig dies auch war, kostete es doch etwas vom Flair der Clubs.
Nach dem Studienende tritt man automatisch aus dem reaktor aus und wird Fossil. Mitlerweile gibt es wohl knapp 30 Generationen von Fossilien. Jedes Jahr im Oktober/November steigt das jährliche Fossilientreffen. Je nach Zeiteinteilung sind Fossilien vom Do bis So vor ort. Geschlafen wird zum Teil auf Luftmatrazen, Couches und anderen Hilfsmitteln im Club. Als Essen werden Spaghetti und Tomatensoße in der kleinen Küche des Clubs gekocht und duschen kann man sich in der Sportbaracke nebenan. Genau das Richtige für alle, die sich nochmal die Improvisationen und Unzulänglichkeiten der Studentenzeit geben wollen.
Höhepunkt ist immer das Fußballspiel zwischen Fossilien und aktiven Mitgliedern, welches traditionell immer von den Fossilien gewonnen wird. Kleine Fußballregelabweichung: inmitten des Spielfeldes steht eine Schnapsflasche und wer sie umschießt muß/darf einen kräftigen Schluck nehmen.
Ich war immer sehr gern bei den Fossilientreffen, muß aber zugeben, dass ich nun schon einige Jahre keine Zeit mehr gefunden habe, da es von Österreich doch ein ganzes Stück weg ist, und die Anzahl der Fossilien, die man noch kennt, leider auch immer weniger werden.